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Gavdos - die geschlossene Anstalt?

Von philia

Ich nenne Gavdos gerne "die geschlossene Anstalt", in die sich jeder, der einmal genug vom stressigen Alltag hat und vom Sicherheitsdenken überfordert wird, selbst einweisen lassen sollte. Warum geschlossen? Es gibt keine Garantie für ein Schiff am gleichen oder nächsten Tag. Du kannst dort nicht auf Wunsch jetzt und sofort abhauen. Ich war zuletzt vor 2 Jahren dort. Schon zwei Mal erlebte ich Sturm. Zwei Mal blieb ich hängen. Mir hat es nichts ausgemacht, aber ich sah schon Leute, mit zerfetztem Nervenkostüm - speziell wenn die Zigaretten nicht angeliefert wurden, und somit so manche zu "Nichtrauchern" machte.

Ich bestieg das Schiff bei meiner ersten Anreise vor etwa 5 Jahren in Sougia. Das Meer war spiegelglatt, und mein einziges Interesse galt es, Delphine zu erblicken, von denen man auf der Überfahrt eine Menge sehen sollte - so laut erfahrenen Gavdosbesuchern. Delphine sah ich keine. Nach ca. einer Stunde auf der Sophia, das war der Name des Schiffes, wurde die Überfahrt recht lustig. Das Schiff schaukelte zum Spaß der paar Rucksacktouris ein wenig. Jedoch mit der Zeit wurde aus dem Spaß bittere Erkenntnis. So mancher sah sich gezwungen, sein Frühstück dem Meer zu überlassen, und bekam es auch mit der Angst zu tun. 6 bis 7 m hohe Wellen stellten sich wie eine Wand vor das Schiff. Das Schiff schaukelte wie eine Nußschale auf den Wellen dahin. Hinauf, hinunter - es war wie auf einer Hochschaubahn. Die Gischt spritzte über Deck und wir mußten alle in die Kabine, um nicht runtergespült zu werden. Mich hat damals die Seetauglichkeit der alten Sophia tief beeindruckt. Noch schlimmer war dann die Retourfahrt mit dem Postboot nach Paleochora, daß nicht einmal halb so groß wie die Sophia war. Man konnte, wenn man hinten saß, mit den Armen ins Wasser greifen. Auch dieses Boot bewältigte dieses bedrohlich wirkende, tobende, schäumende Meer. Bei der letzten Rückfahrt jedoch, wurden unsere Ängste durch Delphine beschwichtigt. Sie begleiteten das Boot, als möchten sie auf uns Menschen aufpassen. Die Schönheit und Eleganz dieser Meeresbewohner war so tief beeindruckend, daß wir die Wellen vergaßen.

Endlich nach 4 Stunden Ankunft in Gavdos: ein 384 m hoher Haufen aus Steinen - 10 km lang, 5 km breit - bewachsen mit Zedern. Karave, der Hafen, 4 oder 5 Häuser, mehr war da nicht. Umrandet ist Gavdos mit sehr unterschiedlichen Stränden wie Steinstrand und skurril anmutenden Felsdurchbrüchen in Karameles / Tripiti. Steilwände, die 200 bis 300 m tief ins Meer hinabfallen, bis hin zum eher engen, geschützten Korfosbeach mit seinem braunen Sandstrand. Besonders erwähnen möchte ich aber den rosaroten Muschelsandstrand vom Sarakinikobeach. Das hellblaue bis ins smaragdgrün schillernde Meer, gleicht dort dem der Karibik, wenngleich auch keine Palmen zu finden sind. Sie fehlen jedoch nicht wirklich. Der Sonnenuntergang am Abend kann mit keiner Kamera eingefangen werden. Als unendlich lange Insel, fast einem Festland gleich, steigt Kreta mit seinen Zweitausendern aus dem Wasser. Es liegt wie ein Drachenrücken im Meer und verändert stündlich seine Farben. Ein wunderbares Naturschauspiel, völlig ohne Eintritt zu bezahlen...

Wenn du nach Gavdos fährst, so nimm dir Zeit und packe viel Lesestoff, Zigaretten und, wenn es geht, auch Obst und Süßigkeiten in deinen Rucksack. Und? Übe dich in Geduld, die wirst du brauchen, wenn kein Schiff fährt. Wichtig auch ist Raki, die Medizin mit der auf Gavdos jede Krankheit behandelt wird. Auch die Einsamkeit der Einwohner...

Also dann auf in die Geschlossene...

Geschrieben 30.09.2002, Geändert 30.09.2002, 2929 x gelesen.

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